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Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz

Gewalt
@Tumisu/pixabay.com
WEISSER RING kritisiert: Staatliche Opferentschädigung greift zu selten Rund 90 Prozent aller Gewaltopfer stellen keinen Antrag auf Leistungen beim Versorgungsamt / Gesetzliche Regelungen weitgehend unbekannt

Jahr für Jahr werden bundesweit mehr als 700.000 Menschen Opfer von Rohheitsdelikten, Straftaten gegen die persönliche Freiheit, gegen die sexuelle Selbstbestimmung und gegen das Leben.
Unter den Tatfolgen leiden auch ihre Angehörigen und Hinterbliebenen. Viele dieser Opfer können Ansprüche auf staatliche Unter stützung haben. Doch nur wenige der Geschädigten wissen um ihren Anspruch nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).

Durch die erlittenen körperlichen und seelischen Schäden werden viele Betroffene zeitweise oder auf Dauer in ihrer persönlichen Lebensführung beeinträchtigt. Bezogen auf jährlich rund 215.000 Gewalttaten stellen nur knapp 11 Prozent einen Antrag auf staatliche Entschädigung. Wenn es dem Staat nicht möglich ist seine Bürger ausreichend vor Straftaten zu schützen, so muss er sich wenigstens ausreichend um die Opfer kümmern. Dies ist der Leitgedanke des 1976 verabschiedeten Opferentschädigungsgesetzes.

Anspruch auf Leistungen hat derjenige, der in Deutschland infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Doch noch immer ist das OEG, selbst bei Behörden und Rechtsanwälten, weithin unbekannt, kritisiert die bundesweite Opferschutzorganisation.

Nach Erhebungen des WEISSEN RINGS, basierend auf Behördenangaben, erhalten nur wenige Betroffene eine spürbare Hilfe bei der Bewältigung körperlicher, seelischer oder wirtschaftlicher Tatfolgen. Zu viele Opfer gehen leer aus. Bei nur 36 Prozent der jährlich gestellten rund 23.000 Anträge kommt es zur Anerkennung und damit zur Übernahme von Heilbehandlungskosten (8.484 Fälle in 2007) sowie zu Rentenleistungen aufgrund andauernder Gesundheitsschäden infolge der erlittenen Straftat. Bei knapp 218.000 Gewaltopfern erhielten demnach im Jahr 2007 in ganz Deutschland nur 1.600 Personen, darunter 275 Witwen und Waisen, eine Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz.

Bessere Informations-Politik gefordert
„Die Bilanz ist schlichtweg skandalös für das Selbstverständnis eines Rechts- und Sozialstaates und ein harter Schlag für diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die er vor gewalttätigen Übergriffen nicht hatte schützen können“, kritisiert der WEISSE RING.

„Wer das Gesetz nicht kennt, geht leer aus. Die eingehende Information der Bevölkerung und insbesondere der Kriminalitätsopfer durch staatliche Stellen sollte noch weiter verbessert werden“.

Gewaltopfer sind keine lästigen Bittsteller, sondern haben Ansprüche und Rechte. Ein respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Der WEISSE RING fordert die sofort nach der Tat zur Verfügung stehende umfassende medizinische und therapeutische Unterstützung.

OEG-Passus gehört ins polizeiliche Anzeige-Formular
Der WEISSE RING fordert die Aufnahme entsprechender Passagen in das polizeiliche Anzeige-Formular. Die beiden dort festgehaltenen Aussagen des Opfers „Ich habe durch die Straftat gesundheitliche Schädigungen erlitten: Ja/Nein“ und „Ich beantrage Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz: Ja/Nein“ würden den Betroffenen den Zugang zur staatlichen Opferentschädigung wesentlich erleichtern. Durch Weiterleitung eines Durchschlages an das Versorgungsamt ist der OEG-Antrag formlos gestellt, Fristen bleiben gewahrt.

Straftaten auf dem Weg zur Arbeit oder an der Arbeitsstelle können auch einen Arbeitsunfall darstellen. Dann sind Berufsgenossenschaften für Heilbehandlung, Reha-Maßnahmen und Rentenleistungen zuständig. Empfehlenswert ist zugleich ein OEG-Antrag beim Versorgungsamt. Wer letztendlich zuständiger Leistungsträger ist, klären die Behörden untereinander. Dies darf die unverzügliche Versorgung des Opfers nicht beinträchtigen.

Wer als Nothelfer anderen beisteht und dabei selbst zu Schaden kommt, steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 2 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch VII). Nothelfer erhalten Heilbehandlung sowie Rentenleistungen und darüber hinaus Schadensersatz für die Sachschäden, die ihnen durch den Einsatz für einen anderen Bürger entstanden sind. Gleiches gilt für diejenigen, die bei der Verfolgung von Straftätern zu Schaden gekommen sind.

Bei Straftaten im Zusammenhang mit einem Kraftfahrzeug ist nicht das OEG zuständig, sondern die Verkehrsopferhilfe (VOH), 10117 Berlin. Fallbeispiel Fahrerflucht.

Der WEISSE RING rät:
Jedes Opfer einer Gewalttat sollte unverzüglich einen Antrag – auch formlos – beim örtlichen Versorgungsamt oder einer anderen Behörde stellen. Informationen hierzu erhalten die Geschädigten bei den ehrenamtlich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in bundesweit 420 Außenstellen des WEISSEN RINGS. Kostenlose Unterstützung erfolgt schnell und unbürokratisch.

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